Liberales Fachgespräch mit der Reisebranche

Wie viele andere Unternehmen wartet auch der Tourismus weiter auf die dringend benötigten Hilfezahlungen. Für die Reisebüros kommt erschwerend hinzu, dass sie nicht in ähnlichem Umfang von der Kurzarbeit während des Lockdowns profitieren können und so weiter hohe laufende Kosten haben. Arbeit sei da, trug eine Reisebüroinhaberin vor, denn es gelte alle bereits gebuchten Reisen rückabzuwickeln. Diese Arbeit wird allerdings nicht bezahlt. Außerdem hätten Fernweh und Reiselust inzwischen ein Image bekommen, etwas Unvernünftiges, beinahe Anrüchiges zu sein. So ließen sich auch keine Reisen für die Zeit nach dem Lockdown verkaufen.

Klinge stellte die enorme Bedeutung des Tourismussektors, insbesondere in Baden-Württemberg, heraus. „Was Beschäftigtenzahlen und Wirtschaftsleistung angeht, kann der Tourismus mit der Automobilwirtschaft locker mithalten. Wenn es dort knirscht, reagiert die Politik sofort. Beim Thema Tourismus schafft es der Wirtschaftsminister nicht einmal regelmäßig in den Tourismusausschuss des Bundestages zu kommen“, ärgert sich der Abgeordnete aus Villingen-Schwenningen und fordert mehr Wertschätzung und Sichtbarkeit für die Branche. „Von März bis Dezember 2020 musste der Deutschlandtourismus rund 69 Mrd. Euro Verluste verkraften. Das sind statistisch 1,6 Milliarden Euro pro Woche. Wann gibt es einen Tourismusgipfel, um wirklich das Ohr an der Branche zu haben und mit ihr eine Perspektive zu entwickeln – und zwar für große und kleine Betriebe, die vielfach noch immer leer ausgehen?“

Besondere wirtschaftliche Sorgen hätten auch Vermieter von Ferienwohnungen, die oft keinerlei Ansprüche auf Hilfen hätten, berichtete ein Teilnehmer. Gerade hier werde auch deutlich, wie unverständlich einige Einschränkungen seien. Ein Haushalt könne in einer Ferienwohnung genauso wenige Kontakte haben, wie zuhause. Klinge betonte, dass im Tourismus entlang der gesamten Servicekette sehr gute und kreative Konzepte entwickelt worden seien, die ein verantwortungsvolles Reisen möglich machen. „Zu sehen, dass diese klugen Vorschläge in den entsprechenden Gremien aber zu oft unberücksichtigt weggewischt werden, ist sehr zermürbend.“

Die Lahrer Landtagskandidatin Regina Sittler verwies darauf, dass Reisen auch gesundheitliche Aspekte habe. So suchten viele Patienten ihrer Zahnarztpraxis regelmäßig die bessere Luft in Bergen und am Meer oder machten regelmäßige Kurreisen. Auch Wellness und Entspannung seien wichtig. Besonders dringend sei für viele aber auch ein Tapetenwechsel, um mental gesund zu bleiben.

Auf die besondere Bedeutung der Reisebüros für die Innenstädte wies die Offenburger Kandidatin Rita Klee hin. Viele der Reisebüros seien aktiv in den Gewerbevereinen und um den Erhalt attraktiver Innenstädte bemüht. „Wir dürfen die Vielfalt der Einzelgeschäfte und bunten Schaufenster nicht an die anonymen Ketten verlieren. Nur eine gesunde Innenstadt mit unterschiedlichen Geschäften, Gastronomie und Begegnungsorten erhält unsere Stadt lebenswert.“

Einig war man sich, dass dringend ein Stufenplan benötigt würde, unter welchen Umständen mit welchen Auflagen, bestimmte Dinge wieder möglich seien. Auch klugen Teststrategien und einem schnelleren Vorankommen bei den Impfungen komme dabei eine Schlüsselrolle zu.